Impro-Mythos 2: Ich könnte das nie!

Ein plötzlicher Lacher, ein spontanes Lied über die Erdbeere und dann wieder ein rührendes Geständnis zwischen Mann und Frau-wie machen die das bloss?

Spontanität und Storytelling lautet die Antwort – und das ist etwas, dass wir Menschen seit Jahrtausenden tuen.

Spontanität

Aber warum fällt uns das so schwer, obwohl wir so gerne spontan, witzig und am besten noch originell sein wollen – einen kessen Spruch auf den Lippen, wenn die Freunde oder die lieben Kolleginnen mal frech werden oder der Chef einen schlechten Tag hat. „Denen zeige ich es“ ist da der spontane Impuls – und die passende Antwort fällt uns vielfach erst im Nachhinein „spontan“ ein – wenn denn überhaupt.

Zugegeben, es ist auch für geübte Improvisationtheater-Künstler herausfordernd, immer und überall den richtigen Ton zu treffen. Auch bei ihnen kann eine spontane Äußerung schnell in einem Fettnäpfchen enden. Die Gefahr des Scheiterns schwingt immer mit. Doch ein spontan gesetzter sprachlicher Impuls, ein improvisiertes Lied oder auch ein ehrliches Bekenntnis zwischen zwei Menschen erzeugen Spannung, treiben die Geschichte auf der Bühne voran und erzeugen starke Emotionen, die sich auf das Publikum übertragen – dank Spiegelneuronen.

Die gute Nachricht ist: Spontanität ist erlernbar.

Wie trainiert man seinen „Schlagfertigkeitsmuskel“?

Assoziationen

Vor jeder Show wärmen sich die Improvisationstheater-Künstlerinnen auf – unter anderem mit Assoziationsübungen.

Und das geht so:
Alle stehen im Kreis und einer nennt spontan ein Wort, wie:
„Haus“
Der nächste Spieler im Kreis nennt nun ein dazu passendes Wort
„Tür“
Daraufhin wiederholt die gesamte Gruppe gemeinsam das komplette Wort, hier also:
„HausTür“
Der Spieler, der „Tür“ gesagt hatte wiederholt sein Wort
Der nächste Spieler im Kreis nennt nun wiederum ein dazu passendes Wort:
„Schloss“
Die Gruppe wiederholt erneut gemeinsam das komplette Wort.

Wichtig für alle Spieler:

Die Assoziation auf das Wort des vorherigen Mitspielers sollte spontan erfolgen-also ohne langes Zögern.

Warum ist es wichtig, die erste Assoziation zu nennen, die der Spielerin in den Sinn kommt? Wir alle haben einen „inneren Richter“ auf der Schulter sitzen, der uns davor bewahrt Fehler zu machen und bei anderen anzuecken. Dieser ist im Alltag sehr hilfreich („Erst Denken, dann Reden“), aber auf der Improbühne eher hinderlich-denn langes Nachdenken und inneres Zensieren der spontanen Einfälle („nicht gut, nicht lustig, nicht perfekt“) verhindert den Spielfluss und das spontane Miteinander.

Probiert es selbst mit einem Partner und einer Freundin aus:

einer nennt spontan ein Wort, der assoziiert dazu ein anderes Wort und beide wiederholen das komplette Wort. Danach ist der andere an der Reihe.

Nach nur wenigen Minuten wird es euch leichter fallen spontan zu reagieren und jede Übung stärkt euren „Schlagfertigkeitsmuskel“-immer ein wenig mehr. Und beim nächsten Mal wird es euch im Idealfall leichter fallen, den Kollegen oder der Chefin Paroli zu bieten. Ihr wisst ja jetzt warum.

Lieder

Es gibt Momente, in denen es Zeit ist für einen Song auf der Bühne, weil es thematisch passt. Besungen werden kann praktisch alles: Vom kleinen grünen Kaktus über die Liebe bis hin zur Erdbeere.

Wichtig ist dabei, das besungene Objekt deutlich vor seinem innere Auge zu haben und sich dessen Eigenschaften bewusst zu machen. Wie ist Sie denn, die Erdbeere und was macht Sie denn so reizvoll? Stellt Euch also vor, ein Loblied auf die Erdbeere zu singen, eine Liebeserklärung an eine Frucht, die etwas ganz Besonderes war und vielleicht sogar noch ist in deinem Leben.

Bühne frei:

Die Musikerin greift in die Tasten und los gehts! Gereimt fällt es der Sängerin noch einmal leichter. Ein Satz folgt auf den nächsten, gebildet aus den Eigenschaften der Erdbeere wie rot, süß und lecker:

„Erdbeere-du bist rot,
Erdbeere-ich hab Not,
Erdbeere-du bist süß,
Erdbeere-du bist mir lieber als Gemüs,
Erdbeere-du bist so lecker,
Erdbeere, ich lieb dich mehr als meinen Wecker“

Und wie hört sich dein Lied über die Erdbeere an? Probiere es aus, wenn du das nächste Mal unter der Dusche stehst.

Storytelling

Im Orient gibt es seit Jahrhunderten den fast ausgestorbenen Beruf des Geschichtenerzählers, der mit viel Gestik und Mimik das Publikum zum Lachen und zum Staunen bringt. Je weniger dabei gesprochen wird desto besser, manchmal reicht ein Augenaufschlag oder eine Handbewegung aus, denn die Körpersprache wirkt stärker als das gesprochene Wort.

Um gute Geschichten erzählen zu können üben Improvisationstheaterkünstler, gemeinsam eine Geschichte zu erzählen. Ein Spieler beginnt mit einem Wort, wie

„Heute“

Der nächste sagt wieder nur ein Wort, dass sich aber auf das vorangegangene Wort bezieht.

Der vollständige Satz sollte dabei eher kurz sein, wie

„Heute ist das Wetter schön“

Dann beginnt der nächste Satz, wieder sagen die Mitspieler jeweils nur ein Wort.

Probiert es einfach aus-so lassen sich toll gemeinsam Geschichten aus dem Urlaub oder von einer Reise erzählen-von lustig über nachdenklich bis traurig, und das völlig improvisiert und immer wieder neu und anders.

Viel Spaß – denn es geht – immer besser 😊

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Impro-Mythos 2: Ich könnte das nie!
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Impro-Mythos 2: Ich könnte das nie!
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Wie Spontanität und Storytelling gelingt
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IONen Berlin

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